Gloriose Darbietung in der St. Nikolaus-Kirche

Dame Gillian Weir zu Gast in Bergen-Enkheim

Bergen-Enkheim (sr). Seit Mai 1984 besitzt die katholische Pfarrgemeinde Bergen-Enkheim in ihrer Kirche St. Nikolaus eine Pfeiffenorgel, die allein von einem Gemeindemitglied gestiftet wurde. Das für eine Vorortgemeinde ungewöhnlich große und qualitätsvolle Instrument (51 Register) der Orgelbaufirma Förster & Nicolaus aus Lich dient heute neben der Nutzang für Gottesdienste, auch für Konzerte.

Am vergangenen Sonntag fand in der St. Nikolaus-Kirche zum 32ten Male das große Orgelkonzert statt. Zu Gast in Bergen-Enkheim war diesmal Dame Gillian Weir aus Großbritannien. Die aus Neuseeland stammende Organistin gehört zu den bekanntesten Konzert-organistinnen der Welt. Sie begann ihr Studium an der „Royal School of Music” in London und lebt seitdem in England.

Ihr Repertoire ist sehr vielseitig und reicht von Renaissance und Barock bis in die Moderne. Sie widmet sich ganz besonders dem Orgelwerk von Olivier Messiaen. Eine Gesamtaufnahme seiner Werke ist vor kurzem mit großem Erfolg erschienen.

Neben umjubelten Soloauftritten in den großen Konzertsälen und Kathedralen der Welt, musiziert sie auch oft mit führenden Orchestern und Dirigenten, vor allem in England und den USA. Ein nicht alltäglicher Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Funk- und Fernsehsendungen über Orgelmusik, in denen sie nicht nur spielt, sondern auch moderiert und musikhistorische Zusammenhänge erklärt. Sie gibt regelmäßig Meisterkurse und ist bei zahlreichen internationalen Wettbewerben als Jurorin tätig.

In vielen internationalen Musikgremien ist Gillian Weir Ehrenmitglied oder Präsidentin, wie von 1994 bis 1996 am „Royal College of Organists.” Häufig übernimmt sie Gastprofessuren, zum Beispiel an der „Yale University”, Royal Northern College of Music” und der „Royal Academy of Music” in London. Sie ist Preisträgerin vieler Wettbewerbe und wurde 1996 von der englischen Königin in den Stand „Dame Commander of the Order of the British Empire” erhoben und trägt nun den Titel „Dame Gillian”.

Das Konzert bot ein anspruchsvolles Programm, welches von dem 16ten Jahrhundert bis ins 20te Jahrhundert reichte.

Die erste Darbietung waren sechs Tänze aus der „Attaingnant Collection”, die durch ihre musikalische Vielfalt und reizvoll kontrastierten Registrierungen das Publikum sehr überraschte. Aus dem 17ten Jahrhundert stammte das zweite Stück von dem Franzosen Georg Muffat. Die Ciacona (Chaconne) in G ist aus einem Tanz im langsamen Dreiertakt entstanden und bedient sich der Ostinatotechnik (wiederkehrende Wendung) kombiniert mit der Technik der Variation.

Der bekannteste Komponist des Abends, Johann Sebastian Bach, trug eine Trio-sonate in d-Moll zum Programm bei. Die dritte Sonate in d-Moll begann als Andante mit einem zweithematischen dacapo-Stück. Das bezaubernde Adagio des zweiten Satzes ist in der Anlage der Liedform komponiert. Dieses Adagio ist von Bach als Mittelsatz des Tripelkonzertes a-Moll verwendetworden. Der Schlußsatz - Vivace - ist als Rondo angelegt worden.

Den Abschluß des ersten Teils des Konzertes vor der Pause bildete das Werk von Healey Willan (Introduction, Passacaglia und Fuge). Drei Komponenten waren für das Werk von Healey Willan bestimmend: der gregorianische Choral, die Chorkompositionen des 16ten Jahrhunderts und jener Teil der Musikauffassung des ausgehenden 19ten Jahrhunderts, der sich in den Werken Richard Wagners, César Francks und Edward Elgars niedergeschlagen hat. Nach einer viertelstündigen Pause folgten drei weitere Stücke von Joseph Jongen, Calvin Hampton und Guy Bovet.

Die Sonata Eroica von Joseph Jongens baute auf einer erstaunlichen Einfachheit des Themas auf und endete mit einer Finalpartie, wie sie nur einem Komponisten gelingen konnte, der zugleich ein intimer Kenner der Klangmöglichkeiten einer großen Orgel und ein talentierter Pianist gewesen sein muß. „The Primitives”, „At the Ballet” und „Everyone Dance” waren drei Sätze aus den „Five Dances for Organ” von Calvin Hampton. Jeder Satz enthielt einen ostinaten Rhythmus, welcher mit einer einfachen Melodie verknüpft wurde. Das Ergetnis dieser Komposition wurde im November 1982 uraufgeführt.

Das letzte Stück für diesen Abend war von Guy Bovet, welcher selbst 1991 in der Bergen-Enkheimer St. Nikolaus-Kirche gastierte. Salamanca hieß das Werk und basiert auf den Namen der spanischen Stadt, in der Bovet eine Professur innehatte.

Es persifliert die Militärmusik und vermittelt dem Hörer sehr aussagekräftig eine südländische Atmosphäre, in der Trommler und Pfeiffer daherkommen und die Drehorgel effektvoll eingesetzt wird. Ein virtuoses Kabinettstück im Saltarello-Rhythmus.

Das Publikum in der ausverkauften Kirche war begeistert über eine gloriose Darbietung von „Dame Gillian Weir.”

Nach dem Konzert wurde zu einem Empfang in das Gemeindezentrum der katholischen Kirche Bergen-Enkheim in der Barbarossastraße gebeten und bis in den späten Abend hinein der Erfolg gefeiert.

Die Schirmherrschaft für dieses Konzert trug der Generalkonsul Eric Callway, Großbritannien, und Veranstalter war der Förderkreis Orgel und Orgelmusik an St. Nikolaus und die Deutsch-Englische Gesellschaft e.V.

Werdem Fördervereinbeitreten möchte oder lnformationen zu weiteren Konzerten erfragen möchte, der kann sich an die Geschäftsstelle im Nordring 71, 60388 Frankfurt wenden oder telefonisch an 06109 23640. Das nächste große Konzert findet am 7. März 1999 statt. Diesmal wird Michelle Leclerc zu Gast in der St. Nikolaus-Kirche sein.

Frankfurter Bote, 2. Dez 98

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